Berlin, 1971

Berliner Zoo. Ich muss 18 gewesen sein. Ich weiß noch, wie mir die Struktur der Bänke einen Adrenalinstoß vesetzte – und welche Angst ich spürte, dass der Mann mich entdecken und wütend/öffentlich beschimpfen würde. Ambivalente Gefühle, die ein lebenlang vor den meisten der spontanen Staßenphotos standen. Richtig wütend sind nur drei Fotografierte geworden und von denen habe ich auch keine Bilder mehr. Und das Adrenalin ist bis heute der innere Bildermelder.

Amsterdam, 1979

Amsterdam 1979/80. Besetztes Haus: Singel 46 am Amsterdamer Grachtengürtel; wie selbstverständlich hatte mich das Leben dort hineingespühlt. Partyvorbereitung:am Piano Rutger …

… im Wohnzimmer

Amsterdam, ab 1979

Den Dingen auf den Grund gehen, verstehen – Angst und Neugierde: Die Arbeit auf der Amsterdamer Drogenszene war Herausforderung und Motivation. Wie leben und überleben Menschen mit einem abhängigen Kosum von verbotenen Drogen – und als Deutsche zugleich mit der Illegalität in einer fremden Stadt? Zum Beispiel, indem sie die feinen Muster der Rückseiten von Spielkarten sorgfältig ausschneiden und die kleinen Vierecke als LSD an unerfahrene Touristen verkaufen.

Amsterdam, 1984

aus fotografischen „Beifang“ wurde eine Passion: Straßenmusik. Damals noch vielfältig in Form, Stil und Qualität vor allem am Dam anzutreffen. Von außen willkürlich, aber doch mit einer inneren Organisation der Beteiligten. So profitierten viele vom Kuchen und verteidigten ihn.

Amsterdam, 1985

Fotosession in Cafe Husse – das zweite Wohnzimmer der Hausbesetzer. Vlnr.: Makreke, Dolf, Jeron und Onno der Wirt. Was wird das jetzt? Ein CD-Cover.

Yogyakarta, 1989

Zigarrendreherin. Eben war ich noch mit dem Manager in seinem Büro: „Wir sind alleine. Sie können mich jetzt bestechen.“ Ich war buff. Ich kann mich nicht erinnern, wie ich reagiert habe. Wahrscheinlich habe ich ihn bestochen – wie käme ich sonst an die Bilder asu der Fabrik?

Bangkok, 1989

In einem Neubaugebiet, irgendwo an einer willkürlichen Haltestelle, wo sich im Schatten unfertiger Hochhäuser, die wie Skeletten in den Himmel ragen, ein paar alte Holzhütten behaupten, überraschte mich dieser innige Moment. Vater und Tochter im Spiel versunken – einen lebenden Käfer als Puppenersatz. Dessen Fluchtdrang wird durch ein Band an seinem Beinen gebremst. Ein zärtlicher Augenblick und eine gelassene Reaktion gegenüber dem Fremden, der seine Kamera hochhält.

 

Prag, 1990

Eins meiner Lieblingsfotos: Die Schwärze der Nacht, in deren Dunkelkeit der Mann sich vortraut. Das Schwarz der Aufnahme, die seine Anonymität respektiert und auch die Geschichte nur schemenhaft erzählt. Das Gesicht, das sich andeutet. Der gesenkte Blick. Die gekreuzten Krücken. Und das Muster der Mütze, man könnte meinen, es sei Teil der Straßenplasterung und er wäre gleichsam mit einem Fahrstuhl auf die Bühne der Oberwelt gebracht worden. Und alles wird überstrahlt von der Dose mit Schlitz….

Lissabon, 1992

 

Ein blinder Geiger. Wenn man einen Augenblick verweilt, dann hört man seine Musik in der Prachtstrasse von Lissabon.
Im übigen ein prämiertes Bild: Ausgezeichnet von der Societe des artistes francais, 1993 im Grand Palais in Paris.

Hannover, 1995

Ein Foto  –  eine Geschichte. Mir hat er erzählt, wie und wobei er die Finger seiner zwei Hände so unglaublich gequescht hat. Zu dieser Geschichte gibt es jetzt ein Bild. Die Frau im Hintergrund ist wieder eine andere Geschichte

Portugal, 1995

24 Jahre später poste ich das Bild bei Instergam und – kaum zu glauben – es wird von Diana entdeckt. Es hängst auch bei Ihrer Mutter im Wohnzimmer in Hannover…

Bremen, 1997

Nichts wird so sein wie vorher: Tag-eslicht eins im Leben von Marianus: Entspannter als sein Vater.

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HAMBURG, 2020

23 Jahre – 2 Monate – 17 Tage – 6 Stunden später: Auszug/erste eigene Wohnung: Nichts wird so sein wie vorher.

Bremen, 1997

Mit diesem Bild habe ich eine Postkarte gemacht. Als ich später bei einem Besuch in Amsterdamer Gesundheitsamt im Sekretärinen-Zimmer auf den Chef warten musste, da hing an einer sonst kahlen Wand nur: diese Postkarte.

BERLIN, 1998

Irgendwann und immer mehr habe ich auf mein Teleobjektiv verzichtet, die Menschen angesprochen und aus naher Distanz fotografiert. Vielleicht nicht die reine Lehre der Straßenfotografie – sicher aber interessante, spontane Begegnungen. Heute frage ich gerne:Darf ich ein heimliches foto von Ihnen machen?